Auch bei Politikern ist sie ist immer wieder Thema, die Suchmaschine Google. Es scheint sich in Europa eine politische Front gegen den Suchmaschinen-Betreiber aus USA aufzubauen.
Auch in Deutschland ist die Beschäftigung mit der Suchmaschine offenbar ein beliebtes Steckenpferd der Politiker. Der deutsche Justizminister Heiko Maas (SPD) forderte in einem Interview mit der Financial Times von Google die Offenlegung des Such-Algorithmus, andernfalls könne er sich auch eine Zerschlagung des Konzerns vorstellen, so der Minister weiter. Der Grund: Es sei ein Unding, dass auf Googles Website die Google-eigenen Dienstleistungen beworben würden, der Minister vermutet, dass Google seine eigenen Dienstleistungen gegenüber der Konkurrenz bevorzugt.
Schickt der Minister nun die digitale Kavallerie los?
Drei Dinge sind es, die – der Kalauer sei erlaubt– maas-los erstaunen: Erstens die martialische Kriegsrhetorik, die der sozialdemokratische Minister hier an den Tag legt. Als Schweizer fragt man sich natürlich, ob er wie Steinbrück die Kavallerie losschicken will oder ob er eher zu Franz Münteferings Lösung mit den Truppen tendiert. Allerdings – gleichzeitig beklagt sein Land einen immensen Reformstau beim Ausbau der digitalen Infrastruktur. Dies mag für Heiko Maas ja noch tröstlich sein: Ein guter Teil seiner Landsleute, vor allem diejenigen in den neuen Bundesländern, sind mangels funktionierender Breitband-Internetanschlüsse kaum in der Lage, Googles Dienste überhaupt in Anspruch zu nehmen.
Auch Maas’ Machtgebaren erstaunt – die Zerschlagung von ausländischen Konzernen durch den Staat würde man eher in Ländern vermuten, die noch etwas weiter östlich liegen, zumal Maas als gebürtiger Saarländer ja kaum eine entsprechende frühkindliche Prägung erhalten haben dürfte.
Ein Bärendienst für den Unternehmensstandort Deutschland
Man sollte meinen, ein Justizminister sei in Amt und Würden, die Rechtstaatlichkeit zu gewährleisten – bei Heiko Maas kommen einem Zweifel daran. Wenn Erfolg zu haben in Deutschland bedeutet, von der Justiz angegangen zu werden, dann hat der Wirtschaftsstandort wohl ein echtes Problem. Jedenfalls werden sich innovative Unternehmen zukünftig wohl zwei Mal überlegen, wo die Alternative zum Wirtschaftstandort Deutschland liegen könnte.
Zum Zweiten ist die Kritik, dass Google seine eigenen Dienste bewirbt, nur sehr schwer zu verstehen. Google ist ein wirtschaftlich orientiertes Unternehmen, was nichts Verwerfliches ist. Hat man denn je von Microsoft gefordert, dass sie Apple-Produkte bewerben? Verlangt der Minister von der Lufthansa, dass sie der Air France ein Werbefenster auf ihrer Website zu Verfügung stellt? Und macht die SPD auf ihrem Webportal Werbung für die AfD?
Zum Dritten erstaunt die offensichtlich gravierende Unkenntnis des Ministers zur Funktionsweise der Suchmaschine Google. Google ist mitnichten ein Monopolist, es gibt genügend Alternativen. Ausserdem ist Google mit eigener Leistung zu dem geworden, was es heute ist. Man braucht keine zwei Jahrzehnte zurück zu schauen, in die Anfangszeit des Internets. Damals hiessen die grossen Altavista, AOL und Yahoo. Irgendwann tauchte dann ein unbekanntes Unternehmen namens Google am Horizont auf. Erst war das Unternehmen nur in IT- und Webkreisen bekannt, quasi als heisser Insidertipp.
Erstaunlich waren damals zwei Dinge: Die Qualität der Suchergebnisse und die vollkommene Abwesenheit von Werbebannern. Die Website der konkurrierenden Suchmaschinen sahen aus wie Litfass-Säulen: Zugepflastert mit Werbung und Aufmerksamkeit heischenden, teilweise gar farbig blinkenden Links. Ganz anders Googles Website: Sie war (und ist) an Schlichtheit kaum zu übertreffen.
Google leistet einen immensen volkswirtschaftlichen Nutzen
Googles Strategie ist eigentlich einfach. Die Grundausrichung dürfte bezüglich der Suchmaschine noch dieselbe sein wie zu Beginn: Google möchte die beste Suchmaschine der Welt zur Verfügung stellen. Dies hat Google heute weitgehend erreicht – und die Firma trägt damit mehr als jedes andere Unternehmen dazu bei, dass das Internet zur grössten und ausserdem äusserst effizienten Bibliothek geworden ist.
Ich möchte hier eines klarstellen: Ich bin nicht von Google bezahlt, gezwungen oder aufgefordert worden, diese Zeilen zu schreiben. Auch bin ich mit einigen Kritikpunkten bezüglich der Datensammlerei durchaus einverstanden. Es ist nicht so, dass Google uns dies alles gratis gibt, wir bezahlen in gewisser Weise mit unseren Daten. Gewisse Mechanismen, welche Google anwendet, stossen in einer breiten Öffentlichkeit auf Unmut.
Unter dem Strich resultiert aber – so meine ich – für die Einzelnen und auch für Staaten wie Deutschland eine klar positive Bilanz. Die wertvollste Dienstleistung ist diejenige, dass die Firma für uns im Internet das Spreu vom Weizen trennt.
Ein transparenter Algorithmus? Ein Alptraum, bestehend aus Spam
Falls Google seinen Algorithmus offenlegen würde, dann sähen unsere Suchresultate wohl in etwas so aus wie der Inhalt des Spam-Postaches in unseren E-Mails – ein wahrer digitaler Alptraum. Die Zeiten, in denen wir mal schnell durch „googeln“ innert kurzer Zeit die passende Information finden konnten, wären definitiv vorbei, stattdessen würden wir uns durch seitenlange Listen an penetranter Werbung quälen. Damit wäre die Firma Google wohl tatsächlich zerschlagen – und mit ihr wesentliche Teile der Wirtschaft, auch in Deutschland.
Wird der Minister nun zum Vorbild in Sachen Meinungsmonopolismus?
Vielleicht überlegt sich der deutsche Justizminister das mit dem Zerschlagen noch einmal, es könnte bestimmt nicht schaden. Nach seiner vollmundigen Ansage ist vielmehr zu hoffen, dass Heiko Maas als leuchtendes Vorbild vorangeht und die monopolistische, einseitig SPD-lastige Vermittlung von Inhalten auf seiner eigenen Website sofort stoppt. Wir würden dann da prominent plazierte Empfehlungen mit Links zur CDU, zur CSU und zur AfD finden. Damit wäre zwar nicht seine Kompetenz zum Thema Google bewiesen, aber immerhin wäre seine politische Glaubwürdigkeit teilweise wieder hergestellt.